Comedyklassiker „RTL Samstag Nacht“: das Comeback der Wundertüte – landeszeitung.de

Im ewigen Kreislauf des Unterhaltungsfernsehens kommt alles irgendwann wieder. Viele dieser Wiederauferstehungen sind gänzlich überflüssig und oft genug bloß ein Beleg für die Einfallslosigkeit der Sender. Mitunter kann es zwar passieren, dass eine Ankündigung tatsächlich Neugier und Vorfreude weckt, aber dann scheitert die Neuauflage an der Erwartungshaltung.

Dieses Schicksal droht auch dem Comeback von „RTL Samstag Nacht“. Das 1993 gestartete Format hatte Maßstäbe gesetzt, und das nicht nur, weil es das erste seiner Art im deutschen Fernsehen war. Dass der Erfolg kein Zufall war, zeigt auch der weitere Werdegang vieler Beteiligter.

Ist „RTL Samstag Nacht“ ohne Nontschew nicht wie ein Auto mit drei Rädern?

Trotzdem stellt sich eine entscheidende Frage: Ist „RTL Samstag Nacht“ ohne den begnadeten Kindskopf Mirco Nontschew nicht wie ein Auto mit drei Rädern? Der Komödiant ist im Dezember vergangenen Jahres während der Vorbereitungen für die Sendung im Alter von gerade mal 52 Jahren gestorben. Sein unverwechselbar hyperaktives und stets von Geräuschen begleitetes Gebaren war ein derart unverzichtbarer Bestandteil der Show, dass sich die Beteiligten sehr ernsthaft überlegt haben, ob sie die Neuauflage absagen sollen, und vermutlich ist es tatsächlich mehr als bloß eine Floskel, wenn sie nun versichern: Mirco hätte das nicht gewollt. Außerdem ist er natürlich dabei, denn die über zweieinhalb Stunden lange Aufzeichnung besteht mindestens zur Hälfte aus den Höhepunkten der einstigen Ausgaben. Im Anschluss folgt zudem ein 45-minütiges „Nontschew-Special“ (23.35 Uhr).

Wie in den Neunzigern ist auch die Neuauflage eine Wundertüte. Viele Gags sind schlicht nicht komisch, andere verpuffen, wenn man das Original nicht kennt. Einige Sketche sind jedoch grandios und werden selbst Comedymuffel erheitern, vor allem, wenn sich die Mitwirkenden nicht damit begnügen, alte Scherze neu zu verpacken. Pure Anarchie war einst zum Beispiel „Far Out“: Nontschew und Tommy Krappweis präsentierten neue Trends aus Amerika, die sie im Stil von „Jackass“ ins Extreme persiflierten. Nontschews Part wird nun von der Krappweis-Schöpfung Bernd das Brot übernommen; eine brillante Idee.

Keine Nummernrevue

Anders als früher ist die einst vom heutigen Gastgeber Hugo Egon Balder gemeinsam mit Jacky Dreksler produzierte Show diesmal keine Nummernrevue. Das Gerüst der Sendung ist eine Talkrunde, in der Balder und die Mitwirkenden Anekdoten und Erinnerungen austauschen, gern ergänzt um passende Ausschnitte.

Überschaubar ist dagegen der Mehrwert, den die Show durch verschiedene Gastauftritte bekommt. Die Einladung von Markus Maria Profitlich ist wohl in erster Linie ein Zeichen der Solidarität mit einem erkrankten Kollegen, der unkaputtbare Atze Schröder hält einen Monolog über Blähungen. Gänzlich unlustig ist dagegen der Beitrag von Tahnee, ein reiner Tribut an ein jüngeres Publikum; die Komikerin war 1993 gerade mal eineinhalb Jahre alt. Auch der Stand-up-Auftritt von Jürgens ist nicht gerade ein Feuerwerk. Was das Ensemble wirklich draufhat, zeigt sich daher vor allem in der Gesprächsrunde, wenn die Gags nicht aufgeschrieben oder abgesprochen sind, sondern aus dem Ärmel geschüttelt werden.

Slapsticksketche und gespielte Witze

In den Slapsticksketchen und gespielten Witzen ist der Humor überwiegend heftig und deftig, aber das war er damals auch schon, weshalb es zwischen den Fangemeinden von „RTL Samstag Nacht“ und der „Harald Schmidt Show“ vermutlich keine großen Überschneidungen gegeben hat. Trotzdem hat die Sendung neben vielen Albernheiten gelegentlich Momente zu bieten, die einen fast schon intellektuellen Witz haben. Kurzweilig ist sie ohnehin, zumindest in der Nettoversion bei RTL+. Die TV-Ausstrahlung ist mit einer Länge von drei Stunden und zwanzig Minuten (inklusive Werbung) dagegen viel zu lang.

„RTL Samstag Nacht – Das Wiedersehen“ läuft am Samstag, 29. Oktober, ab 20.15 Uhr bei RTL.

Von Tilmann P. Gangloff/RND