Friedrich Merz hat einen Moment auf sich warten lassen. Als er auf dem Deutschlandtag als nächster Redner angekündigt wird, brechen die Delegierten in Applaus aus. Nur ist Friedrich Merz noch gar nicht da. Obwohl die Müdigkeit manchen JUlern nach einem langen Abend in den Knochen sitzt, schmälert die Verspätung des CDU-Chefs die Stimmung kaum. Mit dem Song von Queen „Dont stop me now“ begrüßen sie den Parteivorsitzenden, als er wenige Minuten später eintrifft.
Er habe den Ehrgeiz, die Oppositionszeit kürzer zu machen als beim letzten Mal, donnert Merz und formuliert damit das Ziel, die nächste Bundestagswahl zu gewinnen. „Jawoll“, ruft ein Delegierter.
Auf dem Deutschlandtag hat Merz Kritik an der Ampel in den Mittelpunkt gestellt. Besonders die Debatte über das Bürgergeld kommt im Saal gut an. „Wer ist denn auf die Schnapsidee gekommen, Menschen in Arbeitslosigkeit, heute noch länger in die Arbeitslosigkeit zu halten?“, schießt er gegen die Bundesregierung. Auch die Klimapolitik nimmt Raum in seiner Rede ein. „Wir dürfen dieses Thema nicht geringschätzen“, mahnt er. Dem neuen JU-Bundesvorsitzenden Johannes Winkel, der am Freitag gewählt wurde, bietet Merz die Zusammenarbeit an.
Die Junge Union hat Friedrich Merz als Parteichef gestützt. Mit seiner Arbeit in der Fraktion sind einige zufrieden, bei der Parteiarbeit sieht es jedoch anders aus. Die dürfe nicht vergessen werden, heißt es. Die CDU arbeitet gerade an einem neuen Grundsatzprogramm, der Prozess wird von CDU-Vize Carsten Linnemann geleitet. Die JU erhofft sich, dass die Themen der jungen Menschen darin in den Fokus gerückt werden.
Doch jüngst sorgte die Entscheidung für ein soziales Pflichtjahr auf dem CDU-Parteitag für große Enttäuschung. Wenn die Union nicht früher auf die JU höre, werde sie meistens eines besseren belehrt, warnte der früher JU-Chef Kuban in seiner Abschiedsrede. Kuban fordert schon länger, dass die Partei eine breiteres Führungsteam bilden müsse. Und auch die Frage, wie die Union künftig einen Kanzlerkandidaten bestimmt, beschäftigt den Parteinachwuchs. Wie es mit der Verfahrungsfindung weitergeht, fragt ein Delegierter. 2021 hatten sich CDU und CSU deswegen öffentlich zerstritten – und die Bundestagswahl verloren. „Wir wollen den beiden Parteivorständen einen Vorschlag machen“, versichert Merz an diesem Wochenende.
Dieses Anliegen überrascht im Saal niemanden. Dass sich der CDU-Chef für die Kanzlerkandidatur warmläuft, wird in der CDU nicht bestritten. Öffentlich betont er immer wieder, die Partei stehe bereit, das Ruder zu übernehmen. Doch hinter vorgehaltener Hand werden Zweifel geäußert, ob er der richtige Kanzlerkandidat ist, um junge Menschen zu überzeugen.
Die Beziehung der JU zur CDU/CSU ist traditionell kompliziert. Besonders der Bundestagswahlkampf 2021 wird der CDU übel genommen, die Partei nach Ansicht vieler JUler massiv an Profil verloren. „Für die Union sollte es nicht um Umfragewerte gehen, sondern darum eine ehrliche und gute Politik für die Menschen zu machen“, forderte Winkel in seiner Bewerbungsrede.
Die Kritik geht ebenso in die andere Richtung. In der CDU wird der JU Mitschuld daran gegeben, dass die CDU 2021 bei Jungwählerinnen und Jungwählern schlecht abgeschnitten hat. Bei den Christdemokraten gibt man zwar zu, dass in der Vergangenheit Fehler gemacht worden seien. Die JU sei aber genauso gefordert wie die Partei, Themen der jungen Generation stärker in den Blick zu nehmen, heißt es. Merz nimmt in seiner Rede die JU ebenfalls in die Pflicht: „Wir werden an der Erneuerung der CDU weiter arbeiten“, sagt er. „Ich zähle dabei vor allem auf Sie und auf euch.“
Von Alisha Mendgen/RND