Sicherheit – oder Überwachung? In diesen Räumen hat Katar während der WM alles im Blick – landeszeitung.de

Im Command and Control Center werden die Abläufe in den WM-Stadien verwaltet. Es zeigt, wie sehr der Gastgeber darum bemüht ist, dass während der Spiele nichts aus dem Ruder läuft. Das RedaktionsNetzwerk Deutschland gibt einen Einblick aus Katar.

Das Command and Control Center der Fußball-Weltmeisterschaft in Katars Hauptstadt Doha hat Ähnlichkeiten mit dem Innern eines Raumschiffs: mehr als 100 Arbeitsplätze, ausgestattet mit modernster Computertechnik. Davor unzählige große Bildschirme. Dort sind virtuelle Nachbauten aller acht Arenen des Turniers abrufbar. Das Kon­troll­zen­trum, beheimatet auf dem Gelände der Talentschmiede Aspire Academy unweit des Khalifa International Stadium, ist das technologische Herzstück der WM im Wüstenstaat.

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Mindestens 85 Expertinnen und Experten gleichzeitig sind in diesem Raum damit beschäftigt, „alle Abläufe in den Stadien zu verwalten und zu überwachen“, sagt Direktor Hamad Ahmed Al Mohannadi dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Angeschlossen sind alle wichtigen Systeme wie die Klimaanlagen, die für eine Temperatur von rund 23 Grad auf dem Rasen und den Tribünen sorgen, die Sicherheitsvorkehrungen sowie alle Informations- und Kommunikationssysteme. Selbst kleine Störungen auf den Toiletten können per App an das Personal vor Ort übermittelt und im Idealfall umgehend beseitigt werden.

Das Command and Control Center steht stellvertretend dafür, wie sehr Katar darum bemüht ist, dass nichts aus dem Ruder läuft. Und es verdeutlicht die besonderen Herausforderungen dadurch, dass bei dieser WM alles so nah beieinanderliegt wie nie zuvor. Niyas Abdulrahiman, der den Hightechraum als Technologiedirektor operativ leitet, erzählt dem RND, dass die Fans auch „komfortabel und ohne Wartezeit zu ihren Plätzen“ geführt werden können. Weil die technische Ausstattung ermöglichen soll, dass sie zum Einlass mit der kürzesten Warteschlange geleitet und von dort auf dem schnellsten Weg zum Platz geführt werden. So weit die Theorie. Unklar ist, wie die Wegführung zu den am wenigsten frequentierten Einlassbereichen funktionieren kann. Ob die Anhänger diesem skizzierten Plan folgen und es wirklich reibungslos abläuft, bleibt ebenfalls abzuwarten.

Katar ist ein Überwachungsstaat

Bier wird es vor und nach den Spielen rund um die Arenen nicht geben. Da es in den Fanzonen vor den Begegnungen aber Alkohol gibt, werden wohl trotzdem Tausende Betrunkene unterwegs sein, die kaum durch die am Reißbrett entwickelten Konzepte zu steuern sein werden. Seit November 2021 lief der Testbetrieb der Kon­troll­zen­tra­le, etwa beim Arab Cup, der im Winter als Vorbereitungsturnier stattfand. Im September gab es beim Lusail Super Cup im mit rund 80.000 Zuschauern ausverkauften Finalstadion dann die Feuerprobe, ob die Pläne funktionieren.

Zwei Monate vor WM-Beginn lief jedoch einiges schief: Den Fans ging das Wasser aus, bei An- und Abreise kam es zum Verkehrschaos. Schwer vorstellbar, dass es während des größten Fußballturniers der Welt mit erheblich mehr Zuschauerinnen und Zuschauern in Dohas Straßen geregelter zugehen kann als beim sportlich belanglosen Spiel zwischen Saudi-Arabiens Meister und dem ägyptischen Titelträger. Das Auftaktspiel zwischen Katar und Ecuador am Sonntag – ohne die ganz großen Fanmassen wie bei Partien der europäischen oder südamerikanischen Fußballnationen – war ebenfalls noch kein Maßstab. In der Gruppenphase laufen künftig vier Partien parallel – derartige Besucherinnen- und Besucherströme kennt Doha (noch) nicht.

Ein Eindruck bleibt zudem haften vom Besuch im Command and Con­trol Center: Katar ist ein Überwachungsstaat. Das Emirat wirbt dagegen laut Tourismusbehörde damit, das „sicherste Land weltweit“ gemessen an der Kriminalitätsrate zu sein. Die Kameras halten schließlich alles fest.

Von Roman Gerth/RND