Zur Vorbereitung auf seine Moderation hat Sportjournalist und RND-Kolumnist Jochen Breyer das Gastgeberland der Fußball-WM, Katar, bereits vorab besucht. Er erlebte im Rahmen einer Dokumentation denkwürdige Momente – und wurde von den umstrittenen Aussagen des WM-Botschafters über Homosexualität bei Männern „kalt erwischt“, wie er schreibt.
Zwei Momente, die ich in Katar erlebt habe, werde ich nie vergessen. Ich war in den letzten Monaten mehrmals dort, weil ich mich so gut wie möglich auf diese „spezielle“ WM vorbereiten wollte. Es wird die schwierigste Moderation meiner bisherigen Karriere und deshalb war es mir wichtig, mir ein eigenes Bild zu machen. Die wichtigste Frage, die ich mir vorab gestellt hatte, war: Stimmen die Klischees über Katar? Oder sind wir in Deutschland zu kritisch? Die zwei Momente, die ich meine, haben mir die Augen geöffnet.
Der erste Moment war ein gemeinsames Fußballschauen mit sechs Katarern in Doha. Ich war eingeladen, in einem Majlis, einer Art katarischem Wohnzimmer, ein Spiel der spanischen Liga zu sehen: Barcelona gegen Gijon. Und ich war extrem überrascht, wie gut sich die katarischen Männer im europäischen Fußball auskannten. Sie schauen regelmäßig die Premier League, La Liga, die Serie A und die Bundesliga. Wir diskutierten unter anderem darüber, was der Wechsel von Robert Lewandowski für die Variabilität im Angriffsspiel des FC Bayern bedeutet. Ich merkte: Das Vorurteil, dass es in Katar keine Fußballbegeisterung gibt, ist falsch.
Doch es gab noch einen zweiten Moment. Ich hatte ein Interview mit Khaled Salman, einem ehemaligen katarischen Fußballstar, der jetzt WM-Botschafter ist. Wir trafen uns im Souk Waqif, dem Stadtzentrum von Doha, und ich fragte ihn, was er eigentlich von der Diskriminierung von Homosexuellen in seinem Land hält. Von seiner Antwort wurde ich kalt erwischt. Er sagte: „Schwule sind haram.“ Haram bedeutet so was wie Sünde. Und weiter: „Schwule haben einen geistigen Schaden.“ Der genaue Wortlaut war „damage of the mind“. Ein offizieller WM-Botschafter findet also, die Liebe zwischen zwei Männern sei eine Art Geisteskrankheit. Kaum war der Satz gefallen, wurde das Interview vom Pressemann des WM-Organisationskomitees, der uns auf unseren Drehs in Doha begleitete, unterbrochen. Er wollte nicht, dass wir weiter über das Thema reden. Diese Szene ist Teil meiner Doku. Und sie sagt leider viel aus über den Gastgeber dieser Fußballweltmeisterschaft.
Die Dokumentation „Geheimsache Katar“ von Jochen Breyer zeigt das ZDF am Dienstag um 20.15 Uhr. Der Sportjournalist gehört zum Expertenteam des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND).
Von Jochen Breyer/RND